„Trau dich!“ – ein interaktives Theaterstück gegen sexuellen Missbrauch

Kann man ein so sensibles Thema wie den sexuellen Missbrauch an Kindern als Theaterstück für Kinder auf die Bühne bringen? Das von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) geförderte Projekt „Trau dich“ zeigt, wie dies gelingt. Auf Initiative der Schulsozialarbeit der JGS (Frau Maentel-Pogodsky) gelang es erstmals, das Theaterprojekt am 1.11.2018 an die Jakob Grimm Schule zu holen, um den gesamten 6. Jahrgang der Schule daran teilnehmen zu lassen. Eine in das Projekt eingebundene Lehrerfortbildung sowie ein Elternabend gingen der Aufführung des Frankfurter Schultheater-Studios voraus. In Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium, den staatlichen Schulämtern und dem Netzwerk gegen Gewalt wird das Theaterstück „Trau dich!“ seit Oktober 2017 von dem Ensemble des Schultheater-Studios in Hessen aufgeführt.

Worum geht es in dem Stück? Vordergründig um das Küssen, oder besser gesagt: um das Nicht-geküsst-werden-wollen. In vier Handlungssträngen schlüpfen die vier Darsteller/innen in die Rolle von Kindern, die lernen müssen, intime Zärtlichkeit als Teil ihrer selbstbestimmten Sexualität wahrzunehmen und dort Grenzen zu setzen, wo sie Opfer von Zudringlichkeit oder gar sexueller Gewalt von Erwachsenen zu werden drohen: Es gehört bereits eine große Portion Mut dazu, sich gegenüber Gleichaltrigen zu verteidigen, wenn man noch nicht bereit ist, seinen Freund zu küssen. Auch um den ausufernden Begrüßungsküsschen der Oma ein Ende zu setzen, bedarf es  der solidarischen Hilfe der Großtante. Um wie viel schwieriger erscheint es da, Hilfe zu erhalten, wo es zur sexuellen Nötigung durch den Verlobten der eigenen Schwester kommt, oder wo man vom Missbrauch des besten Freundes durch dessen Trainer erfährt. Die entscheidende Botschaft lautet hier: Das Opfer sexueller Gewalt darf sich nicht die Schuld für die Übergriffe geben, und noch viel wichtiger: Es muss sich an eine Vertrauensperson wenden, damit die Macht des erwachsenen Täters gebrochen und dessen Missbrauch beendet werden kann.

Dem schauspielerischen Geschick des Ensembles ist es zu verdanken, dass bei aller Ernsthaftigkeit des Themas der Spaß nicht zu kurz kommt. Immer wieder wird das Spiel unterbrochen, um aus den Reihen des jungen Publikums heraus Stellungnahmen zu den vorgeführten Situationen zu sammeln. Zusätzliche Videoeinspielungen von interviewten Kindern, die die Spielszenen kommentieren, wollen Mut machen, über das zu sprechen, was man aus Scham oder Schuldgefühl heraus für unaussprechlich hält. Die Darsteller sind gleichzeitig auch Musiker, die die einzelnen Spielszenen mit musikalischen Überleitungen gliedern. Spielszenen, Musik, Fragerunden sowie per Video eingeblendete Interviews machen das Stück abwechslungsreich und kurzweilig, ohne dass die Botschaft in den Hintergrund gerät: „Trau dich, Nein zu sagen und trau dich, das Unerhörte zu Gehör zu bringen!“

Christoph Meyer, der an der JGS das Fach Darstellendes Spiel unterrichtet, sorgte für die technischen und organisatorischen Voraussetzungen, damit das 70minütige Stück in der Aula vor einem großen Publikum reibungslos inszeniert werden konnte.  Weitere Unterstützung erfuhr das Projekt durch den Schulpsychologischen Dienst des Staatlichen Schulamtes sowie durch die Beratungsstelle „Haltepunkt“ bei der pro familia Hersfeld. Frau Aslan, Leiterin der gymnasialen Eingangsklassen am Standort Bernhard-Faust-Straße,  war verantwortlich für die schulinterne Organisation.

Fotos und Bericht: Rainer Lehn

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