„Asphalt Tribe“ – eine beeindruckende Theaterproduktion der JGS Theater AG
Unter der Spielleitung von Christoph Meyer, Luisa Kusber und Claudia Pfeifer-Meyer präsentierte die Theater AG eine selbst vorgenommene Bühnenfassung des Romans „Asphalt Tribe“ des amerikanischen Journalisten und Jugendbuchautors Morton Rhue („Die Welle“). Die eineinhalbstündige Aufführung bot dem Publikum keine leichte Kost, denn das Leben einer New Yorker Straßengang wurde in seiner ganzen existenziellen Härte vorgestellt. Der Tod, der einige der sechs obdachlosen Jugendlichen in Form von Überdosierung, Krankheit und Unfall ereilt, erscheint von vornherein als Konsequenz des gnadenlosen Lebens auf der Straße. Drogenabhängigkeit, Verwahrlosung, Hunger, Krankheit, Prostitution, Gewalt sind die ständigen Begleiter der Jungen und Mädchen, die selbst ihr Leben aufgegeben haben und miterleben müssen, wie ihr letzter Halt, ihre Gemeinschaft im „Asphalt Tribe“, von außen bedroht und zerstört wird. Keiner der Jugendlichen hat sich dieses Leben auf der Straße gewünscht, fast alle stammen aus zerrütteten Familien, in denen Drogen, Misshandlung und Missbrauch die Kinder von klein auf prägten. Gibt es keine Hilfe von außen? Die Polizisten sehen in den Jugendlichen eher Täter als Opfer, die selbst für ihre Situation verantwortlich sind, doch kurze Momente des Mitleids gibt es auch bei ihnen, wenn den übrigen auf dem Revier eine neue Todesnachricht mitgeteilt werden muss. Selbst die Streetworker sind mit der Situation überfordert, letzten Endes können sie keine andere Lösung anbieten als den Heimaufenthalt. Doch Bevormundung und Verlust der Freiheit ist das Letzte, was sich der Asphalt Tribe bieten lassen möchte. Mit kleineren Überfällen und Taschenspielertricks glauben sie, sich über Wasser halten zu können, doch reicht das Geld kaum, um ohne Fastfood aus dem Müllcontainer überleben zu können. Straßenstrich, Drogenkonsum, HIV-Infizierung und Mangelernährung werden zum Teufelskreis der Ausweglosigkeit. Einziger Hoffnungsschimmer für Maybe und ihre Freundin ist schließlich der freundliche Bibliothekar Antony, der sich der Jugendlichen annimmt, ohne ihnen Vorwürfe oder Vorschriften zu machen. So bleibt am Ende des Stücks doch noch eine kleine Perspektive für die, die die Straße im wahrsten Sinn überlebt haben.
Die Teilnehmer der Theater AG aus den Jahrgängen 8 bis Q haben ihre Rollen ungemein authentisch inszeniert. Vom ersten Moment an nimmt man ihnen den ständigen Hunger, das Leiden unter ihrer körperlichen Verwahrlosung und die zunehmende seelische Verzweiflung bis hin zum völligen Nervenzusammenbruch ab. Angesichts dieser herausfordernden Szenen haben sich die langjährigen Erfahrungen der Regiecrew bewährt und natürlich auch die vielen Probenstunden, zu denen nicht zuletzt die Probenwochenenden außerhalb des Schulgebäudes gehören. Allzu drastischen Situationen wie Gewalteinwirkung wurde die Schärfe genommen, in dem man durch stilisierte Dialoge der Vorstellungskraft des Zuschauers Raum gab. Bedrückend waren die immer wieder per Video eingeblendeten Polizeiprotokolle, die die kurzen Viten der zu Tode gekommenen Jugendlichen lapidar vor Augen führten. Gespielt wurden die einzelnen Szenen in verschiedenen Bereichen auf der eigentlichen Bühne der Aula sowie direkt vor und auch auf der Zuschauertribüne, so dass jeder Zuschauer einen Wechsel von Distanz des Geschehens und geradezu aufdringlicher Nähe erlebte. Ganz so, wie wenn man in den Fußgängerzonen der großen Städte zwischen Verachtung und Mitleid schwankt, wenn einem ein Euro abgenötigt wird, war es so unmöglich, den obdachlosen Jugendlichen indifferent zu begegnen.
Ein Besuch dieser Aufführung ist nochmals möglich am nächsten Mittwoch, 30. Mai um 19.30 Uhr und unbedingt empfehlenswert!
Es spielen: Hannah Bick, Anastasia Eck, Cosima Eisel, Noemi Eisel, Natasha Fulchignoni, Elena Krah, Annika Larson, Paulina Poviliunaite, Jana Reinsdorf, Janis Rohrbach, Ahmad Saloum, Satie Saloum, Victoria Uhrig, Anna Wacker, Lisa Wehy, Samuel Zerai
Bericht: Rainer Lehn