Theaterabend der DS-Kurse
Am Donnerstagabend präsentierten die DS-Kurse von Rosemarie Bergmann und Christoph Meyer in der Aula, was sie in dem kurzen Halbjahr einstudiert hatten. Trotz der nunmehr auf zwei Wochenstunden verkürzten Unterrichtszeit gelang es Schülerinnen und Schülern beider Oberstufenkurse, das Publikum von ihrem darstellerischen Können zu überzeugen. Die thematische Freiheit des Faches „Darstellendes Spiel“ führte zu ganz unterschiedlichen Stücken.
In „Identitäter“ (Kurs Bergmann) wird ein politisch brandaktuelles Thema auf die Bühne gebracht, das die Gesellschaft nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa seit vielen Jahren immer stärker zu polarisieren scheint: Abwehr des Fremden und Rückbesinnung auf Schablonen nationaler Identifikation, ausgelöst durch die Flüchtlingsströme der vergangenen Jahre. Parabelhaft wird die Eskalation der Abgrenzung im Verhalten von Stadtteilbewohnern aufgezeigt, die sich in ihrem „aufrechten Gang“ von den Anderen am unteren Teil des Bahndamms zu unterscheiden glauben, die – wie sie sagen – mit ihrem „wiegenden Schritt bei gesenktem Haupt“ gegen Moral und Anstand verstießen. Entlädt sich die Entrüstung hierüber anfänglich in vorsichtigen Leserbriefen, so radikalisiert sich das ganze Viertel zunehmend und fordert immer lauter die Ausrottung all dessen, was nicht ihren Vorstellungen von Recht und Norm entspricht. Der Schritt von der Demonstration bis zum Gewaltexzess gegen die Fremden ist da nicht mehr weit. Rosemarie Bergmann hat für diese faszinierende Komprimierung eines gesellschaftlichen Radikalisierungsprozesses eine Erzählung von Janne Teller adaptiert und eine ca. 45 minütige bühnentaugliche Version für ihren Kurs verfasst. Von den Schülern wird hoch emotional in Szene gesetzt, wie die scheinheilige Fassade der Anständigkeit einer zunehmenden Verrohung weicht, und ebenso wird aufgedeckt, nach welcher absurden Logik die „Identitäter“ auf ihr vermeintliches Recht der Selbstbehauptung pochen: Sie spielen das Recht auf freie Meinungsäußerung (gegenüber der „Lügenpresse“) gegen das Recht der Fremden auf Selbstbestimmung aus, fordern von ihnen eine Assimilierung an die Werte einer abendländischen Kultur, der sie selbst mit ihren Worten und Taten nicht gerecht werden können.
Weniger politisch brisant, dafür aber von zeitloser Geltung ist das Theaterstück, das die Schülerinnen und Schüler von Christoph Meyer verfasst und inszeniert haben. Es geht in den vielen Einzelepisoden um nicht mehr und nicht weniger als um „Freundschaft“. Dieses Thema wird in allen Schattierungen ausgeleuchtet: So beginnt es mit der immer wieder diskutierten Frage, ob Mädchenfreundschaften eine tiefere Qualität besäßen als die von Jungs. Des Weiteren werden Stärken der Freundschaft aufgezeigt, aber auch was passiert, wenn man von Freunden im Stich gelassen oder gar verraten wird. Spannend ist hierbei von Szene zu Szene zu verfolgen, wie die Schüler einerseits die Bedeutung von Freundschaft unterstreichen, andererseits aber vor deren Idealisierung warnen. Wahre Freunde zeigen sich in der Not, an falschen hält man zu lange fest, was in einer Szene sehr anschaulich und zum großen Vergnügen der Zuschauer dargestellt wurde: Ein verknackster Fuß ist Anlass, die Hilfsbereitschaft eines Freundes auf schamlose Weise auszunutzen. Nicht nur trägt dieser den Verunglückten überall hin, wohin er kommandiert wird, nein, er lässt sich dafür auch noch beschimpfen. Selbst schuld, wer da noch an wahre Freundschaft glaubt! Aber auch der Frage, welchen Stellenwert Freundschaft in einer Gruppe hat, auf die man sich nicht verlassen kann, wird kritisch nachgegangen. Alles andere als Freundschaft verbindet der Gärtner mit seinem Nachbarn, dessen gärtnerische Aktivitäten nicht auf seine Gegenliebe stoßen, sondern in einer absurden Eskalation von „Wie du mir, so ich dir“ münden. Mit einer amüsanten Karikatur des „Elf-Freunde-müsst-ihr-sein“-Motivs endet der vielfältige Reigen dieser kurzweiligen Theaterproduktion.
Bericht: Rainer Lehn