Die Stadt in den Wäldern

Schüleraustausch mit Goleniów (Polen), 10. – 16.10.2015
Von Christa Rosenstock und Gernold Jansky

Das erste Mal zum Austausch nach Goleniów (deutsch: Gollnow)! Das ist eine Stadt mit 20000 Einwohnern, nicht weit von Szczecin (Stettin). Schon die Anreise mit der Bahn gestaltete sich abenteuerlich: zuerst bis Stettin in Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn, mit 6-maligem Umsteigen – dadurch wurde es nicht langweilig! Hinter Berlin wurde die Gegend immer einsamer, bis wir Polen mit Stettin erreichten. Hauptbahnhof in Stettin: Eile war geboten (wir hatten Verspätung); dazu mussten die schweren Koffer noch über hohe Treppen zum nächsten Bahnsteig geschleppt werden. So blieb keine Zeit, etwas von der großen und lebhaften Stadt zu sehen. Aber dazu war in den nächsten Tagen noch Gelegenheit.

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Die polnische Bahn nach Goleniów: teils moderne, teils alte, fast schon antike Züge mit sehr gründlichen Schaffnern. Landschaft durchs Fenster betrachtet: Wald, Wald, Wald! Hinter Stettin beginnt die Gollnower Heide, polnisch „Puszcza Goleniowska“, eines der größten Waldgebiete Polens. Und als man dachte, dass der Wald gar nicht mehr aufhört, plötzlich eine Lichtung, Häuser, ein Bahnhofsschild „Goleniów“, und auf dem Bahnsteig warteten schon die Gastgeberschüler und ihre Eltern mit dem Transparent „Willkommen!“.

Der erste Tag, Sonntag, war „Familientag“ mit Gelegenheit zu Ausflügen mit der Gastfamilie. Für uns Lehrer ein kleines Wagnis: werden unsere Schüler in den polnischen Familien zurechtkommen? Wird es Probleme mit der Kommunikation geben? Es ging aber alles gut – keiner brauchte Hilfe, alle hatten einen schönen Tag bei kühlem sonnigen Wetter.

Zweiter Tag: wir besuchten die Schule, das „gimnazjum nr. 2“ in Goleniów, und lernten über den Besuch in einem lokalen Museum und über ein Stadtspiel Goleniów kennen. „Gimnazjum“ im polnischen Sinne ist eine Mittelstufenschule und würde bei uns einer Gesamtschule mit den Jahrgängen 7, 8 und 9 entsprechen. Hauptpunkte des Programms waren integrative Spiele, die Begrüßung durch den Direktor, der Museumsbesuch und – besonders spannend – eine Demonstrationsstunde in Selbstverteidigung, mit Gelegenheit zum Ausprobieren. Am Abend noch ein Lagerfeuer- und Grillabend auf dem Sport- und Freizeitgelände, gleich gegenüber der Schule.

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Die Schule, neu renoviert und von übersichtlicher Größe, liegt am Rand der Stadt. Dahinter beginnt gleich der Wald – außerhalb des Stadtgebiets ist aber alles Wald (Puszcza Goleniowska!), so dass das nicht verwunderlich ist. Trotz ihrer Abgeschiedenheit ist die Stadt über Bahn und Schnellstraße gut an den Rest der Welt angebunden. In kurzer Zeit ist man in der Großstadt Stettin oder am Meer, was wir in den nächsten beiden Tagen für Exkursionen ausnutzten.

Dritter Tag: mit der Bahn nach Stettin. Wieder die hohen Treppen am Bahnhof, dann waren wir in der Stadt, deren Zentrum auf einem Plateau über der Oder und den Hafenanlagen liegt. Als erstes ging es in die Unterwelt: aus dem 2. Weltkrieg und aus der kommunistischen Nachkriegszeit sind noch gut erhaltene Luftschutzbunker erhalten und zu besichtigen. Jetzt noch lösen die engen fensterlosen Räumen tief unter der Erde Beklemmungen aus. Stettins Zentrum wurde im Krieg fast vollständig zerstört. Nur einzelne Gebäude, wie das Schloss und die Kathedrale, wurden wieder aufgebaut. So besteht die Altstadt an vielen Stellen aus tristen Nachkriegsgebäuden. In einem dieser Häuser versteckt sich etwas ganz Besonderes: eine „Lollipop-Manufaktur,“ in der man aus verschieden gefärbter Zuckermasse eigene Lollis kreieren darf. Der Besuch dieser Mitmach-Manufaktur bescherte fast allen Teilnehmern originelle Souvenirs für Zuhause: denn was gibt es für kleine Geschwister (oder Eltern) besseres zum Mitbringen als ein selbst gestalteter bunter Lutscher?

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Danach Besuch in der großen Einkaufsgalerie „Kaskada“. Viele von uns kannten die Galerien „Kaskada“ und „Galaxy“ schon als Ausflugsziel des Familientags am Sonntag. In Polen kann man nämlich, anders als bei uns, auch am Sonntag Shopping betreiben.

Vierter Tag: Ausflug mit dem Bus nach Świnoujście (Swinemünde). Als erstes besuchten wir die preußische Festung „Fort Gerhard“, die die Einfahrt in die Swine, Hauptmündungsarm der Oder, sichern sollte. Bei einer originellen Führung mussten wir exerzieren – das misslang völlig – und wurden mit Worten „ku chwale fortu!“ („zum Ruhm des Forts!“) als Festungsverteidiger eingeschworen. Die Besteigung des Leuchtturms und die Busfahrt zum Strand, bei der wir erst die Swine auf einer Fähre überqueren mussten, sowie ein Besuch bei McDonald’s dauerten so lange, dass für den Strand nicht mehr viel Zeit blieb. Bei trübem und kaltem Wetter fand das aber keiner wirklich schlimm.

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Fünfter und letzter Tag: noch ein Tag in der Schule mit interessanten Projekten, wie zum Beispiel einem Mitmachtheater und selbst gekochtem Mittagessen. Noch ein letzter Nachmittag und Abend in den Familien; dann begann das Kofferpacken. Am nächsten Morgen um 7.29 h fuhr unser Zug nach Stettin, und von den Gasteltern verabschiedet und üppig mit Reiseproviant versorgt begann unsere Heimreise – ähnlich kompliziert wie die Hinreise, aber wir hatten nun schon Routine im Umsteigen und waren am späten Nachmittag wieder zu Hause – und die Herbstferien konnten beginnen.

Hier geht`s zur Bildergalerie mit tollen Impressionen!

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