Präsentation „Hochschule hinter Stacheldraht“
Jeder kennt es, dieses mulmige Gefühl frühmorgens, wenn man durch die Eingangspforten seiner Schule schreitet, sei es wegen mangelnder Unterrichtsvorbereitung, nicht erledigter Hausaufgaben oder einer anstehenden Klausur! Am Morgen nach der Präsentation von Dr. Heiner Nuhn tat man dies aber aus einem anderen Grund: Vor dem geistigen Auge verwandelte sich das Gelände rings um den Altbau in ein militärisches Terrain mit Wachtürmen und Stacheldrahtzaun, vor dem eine Wachpatrouille mit Spürhunden nach entflohenen Häftlingen sucht.
Die sich auf umfangreiche Recherchen stützende Präsentation von Dr. Nuhn über das Gefangenenlager für Offiziere (Oflag IX A/Z), in das das Schulgebäude von 1939-45 zweckentfremdet wurde, führte die Absurditäten des letzten Krieges vor Augen. Vielfach verlesene Berichte von ehemaligen Häftlingen und Einblendungen von Bildern eines inhaftierten Kriegszeichners trugen zur Anschaulichkeit des Vortrags bei.
Gleich zu Beginn wurde der menschenverachtende Zynismus des deutschen Regimes überdeutlich: Während polnische Militärgeistliche nach ihrer Rotenburger Inhaftierung in Konzentrationslager deportiert wurden, die viele von ihnen nicht überleben sollten, gewährte man amerikanischen, englischen, australischen und belgischen Offizieren den Schutz ihrer leiblichen Unversehrtheit – gemäß den Genfer Konventionen, auch dann, wenn mehrfach Fluchtversuche unternommen wurden. Die Darstellung des Lagerlebens sorgte für ungläubiges Staunen im zahlreich erschienenen Publikum: Denn neben Ausflügen in die nähere Umgebung, natürlich unter Bewachung, verkürzten die Offiziere die Tristesse ihrer Unfreiheit mit eigenen Theateraufführungen, Gründung von Orchestern und wissenschaftlichen Studien, die sogar das Erlernen der deutschen Sprache umfassen konnten.
Doch dies war sozusagen nur das „offizielle“ Programm der Häftlinge. Ganz andere Aktivitäten entfaltete man im Verborgenen, die deutlich machen, dass das Lagerleben alles andere als dasjenige eines Feriencamps war: Die detaillierte Schilderung der Tunnelbauten und Fluchtversuche bildete den Höhepunkt des spannenden Vortrags.
Die Dokumentation dieser dunklen Jahre in der Historie unserer Schule ist ab Sonntag bis Anfang Februar nächsten Jahres im Kreisheimatmuseum zu sehen.
Ein Muss für alle historisch Interessierten, für alle JGSler sowieso!
Herr Dr. Nuhn mit der Schulleiterin Frau Rimbach
Ganz herzlichen Dank an Dr. Heiner Nuhn für diese lehrreiche Präsentation, ebenso an seine Frau Inge, die ihren Mann bei der akribischen Recherche und Zusammenstellung der umfangreichen Dokumente unterstützte!
Rainer Lehn